Arbeitsrecht Archiv

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Thema: Kündigung

Auflösungsantrag in VW-Dieselaffäre
ArbG Braunschweig, Entscheidung vom 10.02.2020 − Az.: 8 Ca 334/18

Fall:

Der frühere Leiter der Dieselmotorenentwicklung der Volkswagen AG hatte eine Kündigung seines Arbeitsverhältnisses erhalten. Ihm wurde vorgeworfen, er habe die Nutzung unerlaubter Abgassoftware einschließlich deren Weiterentwicklung in den USA trotz frühzeitiger Kenntnis ab dem Jahr 2011 nicht unterbunden. Zudem habe er die Implementierung der Software in eine neue Motorgeneration angeordnet und zur Verschleierung der Problematik gegenüber den US-Umweltbehörden beigetragen. Außerdem hatte die Arbeitgeberin einen Auflösungsantrag gestellt: Vereinfacht dargestellt können sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber beantragen, dass das Arbeitsgericht das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung durch Urteil auflösen kann, wenn der Fortbestand dem anderen Vertragspartner nicht zumutbar ist (§ 9 Abs. 1 Satz 2 Kündigungsschutzgesetz).

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Gericht:

Nachdem das Arbeitsgericht Braunschweig bereits einen Beweisbeschluss erlassen hatte, hob es diesen wieder auf und gab der Kündigungsschutzklage statt. Den Auflösungsantrag der Arbeitgeberin wies es zudem ab. Der Betriebsrat war vor Ausspruch der Kündigung von der Arbeitgeberin nicht ordnungsgemäß angehört worden. Damit konnte aber auch der Auflösungsantrag der Arbeitgeberin keinen Erfolg haben. Eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung auf Antrag des Arbeitgebers kommt nur in Betracht, wenn eine ordentliche Kündigung allein aufgrund ihrer Sozialwidrigkeit und nicht aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist.

Ergebnis:

Das Arbeitsverhältnis der Parteien besteht fort und der Arbeitnehmer muss weiterbeschäftigt werden.

Bei vorsätzlichen Falschangaben dürfen Sie fristlos kündigen
ArbG Siegburg, Entscheidung vom 07.08.2019 − Az.: 3 Ca 992/19

Fall:

Eine Arbeitnehmerin war bei ihrem Arbeitgeber als Altenpflegerin beschäftigt, und zwar rund 5 Jahre lang. Während der Zeit ihrer Beschäftigung hatte der Arbeitgeber sie mehrfach abgemahnt. Grund für die Abmahnung war unter anderem, dass sie eine Patientin nicht richtig versorgt und dies zudem nicht richtig dokumentiert hatte.

Arbeitnehmerin machte falsche Angaben in Dokumentation

Anfang April 2019 ereignete sich dann ein ähnlicher Vorfall. Die Arbeitnehmerin fuhr nicht persönlich zu einer Patientin, wie es ihre Pflicht gewesen wäre. Sie telefonierte stattdessen lediglich mit ihr. Allerdings dokumentierte sie einen Besuch bei der Patientin. Indie entsprechende Dokumentation trug sie ein, dass sie die Patientin in der Zeit von 22.55 Uhr bis 23.06 Uhr versorgt habe.

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Gericht:

Fristlose Kündigung ist wirksam

Das Gericht hielt die fristlose Kündigung für gerechtfertigt. Das begründete das Gericht damit, dass der absichtliche Verstoß eines Arbeitnehmers dagegen, die Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren, an sich bereits einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung darstelle. Denn in einem solchen Fall müsse sich der Arbeitgeber auf die richtige Dokumentation verlassen können. Mangele es aufgrund von Falschangaben bzw. eines Betrugs insoweit am notwendigen Vertrauen, dürfe der Arbeitgeber das Beschäftigungsverhältnis fristlos kündigen. So war es hier passiert. In diesem Fall kam erschwerend hinzu, dass der Arbeitgeber die Arbeitnehmerin zuvor bereits wegen eines vergleichbaren Verhaltens abgemahnt hatte.

Chef als „Arschloch“ bezeichnet: Wann Sie bei Beleidigungen kündigen können
LAG Köln, Entscheidung vom 04.07.2019 − Az.: 7 Sa 38/19

Fall:

Ein Bauarbeiter war seit mehr als 10 Jahren bei einem kleinen Kanalbauunternehmen mit weniger als 10 Arbeitnehmern beschäftigt. Bei einem Besuch des Geschäftsführers auf der Baustelle kritisierte dieser, dass die Arbeiten noch nicht begonnen hatten. Außerdem gab es Meinungsverschiedenheiten über das richtige Parken des Firmenfahrzeugs im Umfeld der Baustelle. Als sich der Chef dabei auf den Kanaldeckel stellte, den sein Kollege gerade öffnen wollte, reichte es dem Bauarbeiter. Er titulierte den Geschäftsführer als „Arschloch“ und trat mit dem Fuß gegen eine Kabeltrommel. Der Chef regierte hierauf mit der fristlosen, hilfsweise ordentlichen Kündigung des Mitarbeiters.

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Gericht:

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln kassierte die fristlose Kündigung und bestätigte lediglich die hilfsweise ordentliche Kündigung. Zwar sei die Beleidigung des Vorgesetzten als „Arschloch“ grundsätzlich ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung. Aufgrund der emotionalen Gesamtsituation, des langjährigen Beschäftigungsverhältnisses sowie des gemeinhin raueren Umgangstons in der Baubranche sei jedoch dem Arbeitgeber hier eine Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar gewesen. Da in dem Kleinbetrieb kein allgemeiner Kündigungsschutz galt, war die ordentliche Kündigung wirksam.

Der besondere Kündigungsschutz des Datenschutzbeauftragten
LAG Nürnberg, Entscheidung vom 29.02.2020 − Az.: 2 Sa 274/19

Fall:

Eine Arbeitgeberin hatte eine interne Mitarbeiterin zu Datenschutzbeauftragten bestellt. Dann kündigte sie das Arbeitsverhältnis mit der Arbeitnehmerin und wies darauf hin, dass ihre bisherige Stellung als Datenschutzbeauftragte ebenfalls enden würde und hilfsweise aus wichtigem Grund widerrufen werden würde. Die Arbeitgeberin wollte die interne Datenschutzbeauftragte nämlich durch einen externen Datenschutzbeauftragten ersetzen. Gegen die Kündigung und die Abberufung klagte die Arbeitnehmerin.

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Gericht:

Das Landesarbeitsgericht Nürnberg hielt die Kündigung wegen Verstoßes gegen §§ 38 Abs. 2, 6 Abs. 4 Satz 2 BDSG für unwirksam. Nach diesen Vorschriften ist die ordentliche Kündigung eines Arbeitnehmers, der als Datenschutzbeauftragter berufen wurde, unwirksam und ist auch ein Jahr nach Abberufung von diesem Amt ausgeschlossen. Insbesondere die Abberufung als Datenschutzbeauftragte war unwirksam. Ein wichtiger Grund lag nicht vor. Pflichtverstöße wurden schon gar nicht geltend gemacht. Das freie Bestellungs- und Auswahlrecht rechtfertigte es nicht, einen bereits bestellten Datenschutzbeauftragten ohne Weiteres aufgrund einer erneuten Organisationsentscheidung wieder abzuberufen. Denn dies würde den besonderen Abberufungsschutz in Frage stellen.

Ergebnis:

Die Arbeitnehmerin hat den Rechtsstreit gewonnen.  

Die fehlerhafte Massenentlassungsanzeige
Bundesarbeitsgericht (BAG), Entscheidung vom 27.02.2020 − Az.: 8 AZR 215/19

Fall:

Die Arbeitsverhältnisse des gesamten Cockpit-Personals von Air Berlin waren nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen Stilllegung des Flugbetriebs Ende November 2017 gekündigt worden. Air Berlin erstattete die Massenentlassungsanzeige für den angenommenen „Betrieb Cockpit" bezogen auf das gesamte bundesweit beschäftigte Cockpit-Personal bei der für ihren Sitz zuständigen Agentur für Arbeit Berlin-Nord. Einer der betroffenen Arbeitnehmer, der bei der Arbeitgeberin der Station Köln zugeordnet war, legte eine Kündigungsschutzklage ein und meinte unter anderem, die erstattete Massenentlassungsanzeige wäre fehlerhaft.

Gericht:

Damit lag er richtig. Die Kündigungen waren deshalb tatsächlich unwirksam. Es handelte sich ausgehend von dem durch die EU-Richtlinie 98/59/EG definierten Betriebsbegriff bei den Stationen der Air Berlin um Betriebe im Sinne des § 17 Abs. 1 Kündigungsschutzgesetz. Deshalb hätte die Massenentlassungsanzeige für das der Station Köln zugeordnete Cockpit-Personal bei der dafür zuständigen Agentur für Arbeit in Köln erfolgen müssen.

Ergebnis:

Der Arbeitnehmer hat die Klage gewonnen.  

Die Kündigung im Hausbriefkasten
Bundesarbeitsgericht (BAG), Entscheidung vom 22.08.2019 − Az.: 2 AZR 111/19

Fall:

Der Arbeitnehmer wohnt in Frankreich und war seit Jahren bei einer Arbeitgeberin in deren Werk in Baden-Württemberg beschäftigt. Die Arbeitgeberin hatte nun das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos gekündigt. Die Kündigung wurde an einem Freitag gegen 13:25 Uhr von der Arbeitgeberin in den Hausbriefkasten des Arbeitnehmers eingeworfen. Die offizielle war dagegen bereits um 11:00 Uhr vormittags beendet. Nun erhob der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage und meinte, das Schreiben erst am 30. Januar, einem Montag, seinem Hausbriefkasten vorgefunden zu haben. Daher sei es ihm nicht an dem Freitag zugegangen, sondern erst später. Damit soll seine Klage noch innerhalb der 3-Wochen-Frist erhoben worden sein.

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Gericht:

Das Landesarbeitsgericht muss nochmals entscheiden. Mit der gegebenen Begründung durfte das Berufungsgericht den Kündigungsschutzantrag nicht abweisen. Nach ständiger Rechtsprechung geht eine Kündigung zu, sobald sie in verkehrsüblicher Weise in die tatsächliche Verfügungsgewalt des Empfängers gelangt ist und für diesen unter gewöhnlichen Verhältnissen die Möglichkeit besteht, von ihr Kenntnis zu nehmen. So bewirkt der Einwurf in einen Briefkasten den Zugang, sobald nach der Verkehrsanschauung mit der nächsten Entnahme zu rechnen ist. Das in einen Hausbriefkasten eingeworfene Kündigungsschreiben geht dem Empfänger in dem Zeitpunkt zu, sobald nach der Verkehrsanschauung mit der nächsten Entnahme zu rechnen ist. Die Fortdauer des Bestehens oder Nichtbestehens einer Verkehrsanschauung wird nicht vermutet. Zu den tatsächlichen Grundlagen einer gewandelten Verkehrsanschauung muss das Landesarbeitsgericht noch Feststellungen treffen.

Ergebnis:

Der Ausgang des Rechtsstreites ist ungewiss. Der Einwurf der Kündigung an einem Freitag gegen 13:25 Uhr könnte zu spät gewesen sein.

Festplatte gelöscht - fristlose Kündigung von Führungskraft wirksam!
ArbG Braunschweig, Entscheidung vom 25.11.2019 − Az.: 8 Ca 335/18

Fall:

Eine Führungskraft der VW AG erhielt kurz nacheinander insgesamt 3 jeweils fristlose, hilfsweise fristgemäße Kündigungen. Der Arbeitgeber behauptete, dass die Führungskraft die Nutzung der unerlaubten Abgassoftware in den USA gebilligt, deren Weiterentwicklung genehmigt und Daten vernichtet habe. Der Gekündigte verteidigte sich damit, dass sein Verantwortungsbereich gar nicht die Zulassung von Fahrzeu-gen mit problematischer Abgassoftware umfasst habe. Er habe lediglich die Vernichtung einer leeren Festplatte veranlasst, bevor er vom Arbeitgeber zur generellen Aufbewahrung von Daten verpflichtet wurde. Er klagte gegen die Kündigungen.

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Gericht:

Das Arbeitsgericht (ArbG) Braunschweig wies die Klage ab. Der Arbeitgeber habe sich insoweit auf den Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung des Arbeitnehmers stützen können, nämlich auf die Vernichtung einer Festplatte. Das Gericht sah einen auf objektive Tatsachen gestützten Verdacht, dass der Arbeitnehmer eine vorsätzliche Datenunterdrückung begangen habe, indem er die Festplatte aus dem Büro des damaligen Bereichsleiters in dessen Abwesenheit holen und vernichten ließ. Die Vernichtung sei im Zusammenhang mit der drohenden Aufdeckung des Diesel-Skandals erfolgt, um dessen Problematik der Arbeitnehmer zu diesem Zeitpunkt bereits gewusst habe. Gegen den Arbeitnehmer spreche vor allem, dass er keine Begründung dafür habe liefern können, weshalb er gerade zu diesem Zeitpunkt die Vernichtung veranlasst habe und wieso die Festplatte unbedeutend (d. h. ohne erhebliche Daten) gewesen sei. Ins-besondere auf Grund des zeitlichen Zusammenhangs mit der drohenden Aufdeckung des Diesel-Skandals bestehe der dringende Verdacht, dass sich auf der Festplatte erhebliche Daten befunden haben könnten. Dieses Verhalten habe die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber unzumutbar gemacht.

Fristlose Kündigung wegen Unterschlagung hohen Geldbetrags ist wirksam
LAG Hamm, Entscheidung vom 24.10.2019 − Az.: 17 Sa 1038/18

Fall:

Eine als Kassiererin bei der Sparkasse beschäftigte Mitarbeiterin behauptet, dass sie beim Öffnen eines von der Bundesbank im Mai 2015 angelieferten Geldkoffers nur jeweils eine Packung Babynahrung und Waschpulver vorgefunden hatte. Der für den verplombt angelieferten Koffer dokumentierte Geldbetrag in Höhe von 115.000 € in 50-€-Scheinen sei hingegen nicht darin gewesen. Den Betrag hatte die Arbeitnehmerin am Tag vor dem Ereignis selbst bestellt. Auffällig ist nach Darstellung der Sparkasse die bestellte Stückelung bei der Höhe des Geldbetrags gewesen.

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Gericht:

Gericht geht von Unterschlagung aus

Das Gericht war davon überzeugt, dass die Arbeitnehmerin das Geld unterschlagen hatte. Maßgeblich für die Entscheidung waren die Feststellungen des Amtsgerichts Herne, bei dem parallel zur arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzung das Strafverfahren anhängig war. Das Amtsgericht hatten die frühere Arbeitnehmerin wegen Unterschlagung zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 9 Monaten verurteilt. Zudem hatte es die Einziehung des Geldbetrags angeordnet. Das LAG hatte deshalb ausreichend Beweise dafür, dass die Arbeitnehmerin den Betrag unterschlagen hatte

Ergebnis:

Arbeitgeber kündigt das Beschäftigungsverhältnis fristlos

Der Arbeitgeber nahm den Vorfall zum Anlass, der Arbeitnehmerin außerordentlich fristlos zu kündigen. In der Begründung formulierte der Arbeitgeber, dass der dringende Verdacht eines Vermögensdelikts durch zahlreiche gegen die Arbeitnehmerin sprechende Indizien begründet sei. Das sah die Beschäftigte anders. Sie legte deshalb Kündigungsschutzklage ein.

Kündigung wegen nicht angemessenen Verhaltens ist gerechtfertigt
ArbG Bonn, Entscheidung vom 13.11.2019 − Az. 60 Ca 13111/18

Fall:

Der stellvertretende Direktor der Stiftung Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen führte Vorstellungsgespräche mit Bewerberinnen - soweit noch nicht verfänglich. Allerdings führte er diese in privatem Rahmen. Dabei wurde der Vorwurf laut, es sei zu sogenannten unangemessenen Gesprächssituationen gekommen. Schon 2014 waren mehrfach Vorwürfe sexueller Belästigung gegen den stellvertretenden Direktor erhoben worden. Nun wurde er ordentlich gekündigt und erhob Kündigungsschutzklage.

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Gericht:

Wer sich danebenbenimmt, muss gehen

Mit dieser scheiterte er aber. Denn der stellvertretende Direktor kann nicht mehr für ein angemessenes Verhalten gegenüber untergebenen Beschäftigten der Stiftung stehen. Das schon deshalb nicht, weil er Vorstellungsgespräche in privaten Räumen abgehalten hatte. Dies allein ist schon unangemessen und kündigungsrelevant. Ob die Vorwürfe der sexuellen Belästigung stimmen, kann daher dahingestellt bleiben.

Ergebnis:

Greifen Sie früher ein

Wie Sie oben lesen konnten, waren die ersten Vorwürfe gegen den Direktor schon 2014 – also vor rund 5 Jahren – laut geworden. Der Arbeitgeber hätte genug Zeit gehabt einzugreifen, nicht mittels Kündigung, aber indem er darauf achtet, dass solche Situationen vermieden werden. Vorstellungsgespräche haben stets in einem professionellen Umfeld stattzufinden und (auch wenn das meist anders gehandhabt wird) niemals in einer 1:1 Situation. Von Arbeitgeberseite sollten immer 2 Personen anwesend sein, am besten eine Frau und ein Mann. Dabei geht es nicht darum, die Führungskraft zu überwachen, sondern darum, sie zu schützen. Denn Vorwürfe einer Belästigung oder einer Diskriminierung können ja auch zu Unrecht erhoben werden. Mit einem Zeugen im Rücken hat man die unberechtigten Vorwürfe dann aber ganz schnell vom Tisch.

Kündigungsschutzklage – Wie aus 3 Wochen auch 6 Monate werden können
LAG Berlin-Brandenburg, Entscheidung vom 07.11.2019 − Az.: 5 Sa 134/19

Fall:

Containersignatur ist tödlich

Ein Mitarbeiter wurde entlassen und beauftragte einen Rechtsanwalt, eine Kündigungsschutzklage einzureichen. Dies tat er dann auch, allerdings elektronisch; die Klage hatte er mit einer Containersignatur versehen. Eine Containersignatur, die sich auf mehrere elektronische Dokumente bezieht, reicht aber nicht aus. Nach § 4 Abs. 2 der Elektronischer‐Rechtsverkehr‐Verordnung sind elektronische Signaturen seit dem 1.1.2018 ausgeschlossen. Die Klage war also nicht zulässig eingereicht, und die Klagefrist konnte so nicht gewahrt werden. Das Arbeitsgericht störte sich aber nicht daran und gab der Klage statt. Der Arbeitnehmer gewann. Der Arbeitgeber wollte sich das nicht bieten lassen und ging in Berufung. Dort stellte der Arbeitnehmer den Antrag auf nachträgliche Zulassung seiner Klage. Nunmehr musste das LAG entscheiden.

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Gericht:

Gericht hat Mangel „verschlafen“

Auch in der zweiten Instanz scheiterte der Arbeitgeber. Zwar stellten die Richter fest, dass die Klageerhebung mittels Containersignatur in der Tat unzulässig war, zulässig war aber der Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage, und zwar obwohl dieser Antrag erst in der Berufungsinstanz und auch mehr als 6 Monate nach Verstreichen der Klagefrist gestellt wurde. Denn: Das Arbeitsgericht erster Instanz hat über den Ablauf der 6‐Monats‐Frist verhandelt und die Sache sogar entschieden. Es widerspricht dem Gebot eines fairen Verfahrens, die nachträgliche Zulassung der Klage auszuschließen, wenn das Gericht dem Kläger einen bereits bei Klageeingang erkennbaren Mangel nicht entgegenhält, sondern über die 6‐Monats‐Frist hinaus verhandelt und sogar entscheidet. Deswegen ist es auch irrelevant, dass an sich ein Anwaltsverschulden vorliegt. Dieser hätte ja wissen müssen, wie man die Klage ordnungsgemäß einreicht. Das Gericht hätte den Kläger vor Ablauf der Klagefrist auf die mangelnde ordnungsgemäße Klageerhebung hinweisen müssen.

Ergebnis:

Doppelt genäht hält besser

Gerichts‐ und Klageverfahren werden zunehmend digital. Sie und auch Ihre Anwälte müssen sich dieser neuen Form anpassen, gültige Signaturen verwenden und die IT up to date halten. Nur wenn Ihr Rechtsanwalt die entsprechende Form wahrt, kann Ihre Klage erfolgreich sein. Nicht immer hat man so viel Glück wie in diesem Fall, dass ein Gericht trotz Formmangels normal verhandelt.

Missbrauchen Ihre Mitarbeiter Kundendaten, gehen sie fristlos
ArbG Siegburg, Entscheidung vom 15.01.2020 − Az.: 3 Ca 1793/19

Fall:

Ein SAP-Berater wollte einer Kundin seiner Arbeitgeberin eine Art Lektion in Sachen „Sicherheitslücke“ erteilen. Er lud sich vom Rechner der Kundin Namen, Anschriften und Bankverbindungsdaten ihrer Geschäftskontakte herunter. Dann bestellte er mit diesen Informationen von einem fremden Rechner Kopfschmerztabletten für Vorstände. Die Medikamente ließ er mit der Anmerkung liefern: „...aufgrund der Bestellung sei ersichtlich, wie einfach Datenmissbrauch ist, was bei Ihnen zu Kopfschmerzen führen müsste, wobei die bestellten Kopfschmerztabletten durchaus helfen könnten“. Seine Arbeitgeberin kün-digte ihm fristlos.

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Gericht:

Der Mitarbeiter hat massiv gegen seine Pflichten verstoßen

Die Kündigungsschutzklage des Mitarbeiters scheiterte. Das Arbeitsgericht Siegburg wies die Klage ab und entschied, dass die fristlose Kündigung gerechtfertigt sei. Durch sein Vorgehen habe der Beschäftigte gegen seine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers eklatant verstoßen. Sensible Kundendaten seienzu schützen. Der Kläger habeseinen Datenzugriff missbraucht und eine Sicherheitslücke beim Kunden ausgenutzt. Auch für das Aufdecken vermeintlicher Sicherheitslücken dürften Kundendaten nicht missbraucht werden.

Ergebnis:

IT-Fachleute, Lohnbuchhalter und Vorgesetzte: Auch in Ihrem Unternehmen gibt es zahlreiche Beschäftigte, die mit sensiblen Informationen über Kollegen und Kunden und mit Geschäftsgeheimnissen arbeiten. Der sorgsame und rechtlich einwandfreie Umgang mit diesen Daten muss selbstverständlich sein. Geht ein Mitarbeiter so weit, dass er Kundendaten bewusst missbraucht, muss er gehen –normalerweise sogar fristlos.

Nach einer schweren Beleidigung per WhatsApp dürfen Sie nicht immer fristlos kündigen
ArbG Ulm, Entscheidung vom 10.01.2020 − Az. 1 Ca 93/19

Fall:

Ein Arbeitnehmer war bereits seit dem Jahr 2000 bei seinem Arbeitgeber als Maschineneinrichter beschäftigt. Im Juli 2019 schickte er von seinem privaten Mobiltelefon per WhatsApp ein Foto seines erigierten Penis an eine Kollegin aus seiner Abteilung. Die Versendung des Fotos fand außerhalb der Arbeitszeit statt.

Arbeitnehmerin beschwert sich bei ihrem Arbeitgeber

Die Arbeitnehmerin war entsetzt über das Verhalten ihres Kollegen. Sie beschwerte sich deshalb bei ihrem Arbeitgeber. Dieser reagierte prompt. Er kündigte das Arbeitsverhältnis umgehend fristlos und für den Fall, dass der Sachverhalt einer fristlosen Kündigung nicht Stand halten sollte, hilfsweise ordentlich. Gegen die Kündigung ging der Arbeitnehmer mit einer Kündigungsschutzklage vor.

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Gericht:

Sachverhalt rechtfertigt grundsätzlich Kündigung

Das Gericht stelltein seiner Entscheidung zudem grundsätzlich klar, dass das Verhalten des Arbeitnehmers, nämlich das Verschicken eines Fotos mit einem erigierten Penis an eine Kollegin, grundsätzlich durchaus geeignet sei, eine Kündigung und sogar auch eine außerordentliche Kündigung nach § 626 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu rechtfertigen. Hier ging das Gericht davon aus, dass die Beeinträchtigung des Arbeitsverhältnisses nicht so schwerwiegend war, dass dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nicht zuzumuten gewesen wäre. Es wäre vielmehr möglich gewesen, den Arbeitnehmer an einen anderen Arbeitsplatz zu versetzen. Für diese Lösung sprachen sich die Richter vor allem im Hinblick auf die Tatsache aus, dass der Arbeitnehmer auch privat mit der Kollegin befreundet war.

Ergebnis:

Kündigung unwirksam

Das Gericht hielt die fristlose Kündigung für unwirksam. Es entschied zudem, dass auch die ordentliche Kündigung unwirksam sei. Das begründete das Gericht damit, dass der Arbeitnehmer das Foto außerhalb der Arbeitszeit und auch außerhalb des Betriebs von seinem privaten Handy aus an eine Kollegin verschickt hatte. Mit der Kollegin war er zudem bereits seit langer Zeit privat befreundet. Sein Verhalten habe deshalb keinen Bezug zum Arbeitsverhältnis gehabt.

Schlechtleistung: Teilkündigung zur Lohnsenkung ist unzulässig
LAG Mecklenburg-Vorpommern, Entscheidung vom 25.02.2020 − Az.: 5 Sa 132/19

Fall:

Ein Autohaus beschäftigte einen Kfz-Elektriker. Im Vergleich mit seinen Kollegen blieb der Elektriker weit hinter deren Leistungen zurück. So lag sein Umsatz in einem bestimmten Zeitraum bei nur einem Viertel dessen, was vergleichbare Mitarbeiter umsetzten. Sein Arbeitgeber wollte das nicht länger hinnehmen. Eine schlichte Kündigung des Elektrikers kam aber nicht infrage, weil er dem Betriebsrat angehörte. Der Arbeitgeber entschied sich, den Stundenlohn des Elektrikers zu reduzieren und sprach ihm ggü. eine „Änderungskündigung“ aus, mit der allein die dauerhafte Lohnkürzung geregelt wurde. Der Elektriker nahm das nicht hin und zog vor Gericht.

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Gericht:

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Mecklenburg-Vorpommern gab dem Elektriker Recht und erklärte die Lohnkürzung für unwirksam. Es handele sich nicht um eine Änderungskündigung, weil der Arbeitgeber keine Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter gleichzeitigem Angebot der Fortsetzung zu geänderten Bedingungen erklärt habe. Tatsächlich habe der Arbeitgeber nur eine Teilkündigung bezogen auf den Lohn erklärt. Solche Teilkündigungen seien allerdings grundsätzlich unzulässig.

Ergebnis:

So gehen Sie zur Lohnsenkung vor

Schlecht- oder Minderleistungen Ihrer Mitarbeiter müssen Sie nicht einfach hinnehmen. Wer weit hinter seinen Möglichkeiten zurückbleibt, riskiert eine Kündigung. Die Hürden sind allerdings hoch. Sie sollten die Abweichungen ganz genau dokumentieren und zunächst ein Personalgespräch suchen, in dem Sie die Ursachen und mögliche Verbesserungen erörtern. Davon hängt dann auch ab, ob eine verhaltens- oder eine personenbedingte Kündigung der richtige Weg ist. Ergeben Ihre Beobachtungen, dass ein Grund für eine Kündigung besteht, müssen Sie sich aber nicht zwangsweise von dem Mitarbeiter trennen. Wenn für ihn auch eine andere Einsatzmöglichkeit zu geänderten Bedingungen – wie einem geringeren Lohn – infrage kommt, können Sie dies auch im Wege einer Änderungskündigung erreichen. Im dargestellten Urteil schied diese Option allerdings aus, weil der Mitarbeiter als Mitglied des Betriebsrats ordentlich unkündbar war.

Schwangerschaft: Kündigung vor Tätigkeitsaufnahme unzulässig
Bundesarbeitsgericht (BAG), Entscheidung vom 27.02.2020 − Az.: 2 AZR 498/19

Fall:

Ein Rechtsanwalt vereinbarte im Dezember 2017 mit einer Rechtsan­waltsfachangestellten ein Arbeitsverhältnis, welches am 01.02.2018 beginnen sollte. Das unbefristete Arbeitsverhältnis sollte mit einer Probezeit von 6 Monaten starten. Am 18.01.2018 informierte die Arbeitnehmerin ihren zukünftigen Arbeitgeber darüber, dass sie schwanger sei und auf Grund einer Vorerkrankung einem kompletten Beschäf­tigungsverbot unterliege. Der Arbeitgeber kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 30.01.2018 zum 14.02.2018. Die Arbeitnehmerin klagte gegen diese Kündigung.

Arbeitsrechtarchiv Personalwissen

Gericht:

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) kippte die Kündigung. Diese sei we­gen des Verstoßes gegen den Sonderkündigungsschutz von Schwangeren nichtig. Gemäß § 17 Abs. 1 Nr. 1 Mutterschutzgesetz (MuSchG) sei die Kündigung gegenüber ei­ner Frau während ihrer Schwangerschaft unzulässig, wenn dem Arbeitgeber zum Zeit­punkt der Kündigung die Schwangerschaft bekannt ist oder wenn sie ihm innerhalb von 2 Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird. Dieses Kündigungsverbot gelte auch bereits vor der vereinbarten Tätigkeitsaufnahme. Es sei ausreichend, dass der Arbeitsvertrag abgeschlossen worden ist (BAG, Urteil vom 27.02.2020, Az.: 2 AZR 498/19).

Sie können wegen einer fremdenfeindlichen WhatsApp wirksam kündigen
LAG Baden-Württemberg, Entscheidung vom 05.12.2019 − Az.: 17 Sa 3/19

Fall:

Ein schwerbehinderter Arbeitnehmer war bereits seit Jahren bei seinem Arbeitgeber, einem Automobilhersteller, beschäftigt, als er anfing, einen Arbeitskollegen massiv verbal durch islamfeindliche und beleidigende Inhalte anzugreifen und ihm auch über WhatsApp Bilddateien mit islamfeindlichem Hintergrund zusenden. Der Betroffene beschwerte sich nach einiger Zeit bei seinem Arbeitgeber. Dieser hörte daraufhin den schwerbehinderten Arbeitnehmer an.

Arbeitsrechtarchiv Personalwissen

Gericht:

Arbeitnehmer beruft sich auf satirischen Inhalt

In der Anhörung verteidigte sich der Versender der WhatsApp-Nachrichten damit, dass es sich um satirische Inhalte gehandelt habe. Davon war der Arbeitgeber jedoch nicht überzeugt. Er kündigte das Arbeitsverhältnis deshalb fristlos. Der Betroffene wehrte sich umgehend mit einer Kündigungsschutzklage. In dieser verwies er erneut darauf, dass es sich bei den Nachrichten im Chat um satirische Inhalte gehandelt habe. Zudem stellte er sich auf den Standpunkt, dass eine außerordentliche Kündigung zum gegebenen Zeitpunkt nicht mehr zulässig gewesen sei, weil sie zu spät ausgesprochen worden sei. Der Arbeitgeber habe die Ermittlungen zu lange hinausgezögert. Als weiteren Kritikpunkt führte er an, dass die Schwerbehindertenvertretung nicht ordnungsgemäß angehört worden sei. Das Arbeitsgericht Stuttgart wies die Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers ab, und zwar mit der Begründung, dass es nach der Beweisaufnahme überzeugt sei, dass die infrage stehenden WhatsApp-Nachrichten beleidigende und ausländerfeindliche Inhalte aufweisen. Der Arbeitnehmer legte Berufung ein.

Ergebnis:

Fristlose Kündigung ist wirksam

Auch das Berufungsgericht hielt die außerordentliche Kündigung nach § 626 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch für wirksam. Eine vorherige Abmahnung sei hier nicht erforderlich, auch nicht unter dem Aspekt, dass der Arbeitnehmer dem Unternehmen bereits sehr lange angehört habe und schwerbehindert sei. Das Gericht entschied zudem, dass der Arbeitgeber die Kündigung fristgerecht ausgesprochen habe. Auch die weiteren formalen Kriterien wie die Betriebsratsanhörung und die Anhörung der Schwerbehindertenvertretung seien ordnungsgemäß erfolgt. Die Richter stellten klar, dass die Inhalte der WhatsApp-Nachrichten eine massive Beleidigung des Arbeitskollegen muslimischen Glaubens darstellten. Sie seien nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt.

Sonderkündigungsschutz des Datenschutzbeauftragten
Bundesarbeitsgericht (BAG), Entscheidung vom 05.12.2019 − Az.: 2 AZR 223/19

Fall:

Es ging um die Kündigung eines Datenschutzbeauftragten nach den Regelungen des alten Bundesdatenschutzgesetzes, das bis Mai 2018 galt. Ein Datenschutzbeauftragter hat während der Laufzeit seines Amtes Kündigungsschutz und nach Ablauf des Amtes nachwirkenden Kündigungsschutz. Der Arbeitnehmer und Datenschutzbeauftragte dieses Falls meinte nun, dass der Arbeitgeber seinen Kündigungsschutz nicht beachtet hat. Der Arbeitgeber sah das anders: Denn zum Zeitpunkt der Kündigung beschäftigte er nur acht Arbeitnehmer und ein Datenschutzbeauftragter hätte gar nicht bestellt werden müssen.

Arbeitsrechtarchiv Personalwissen

Gericht:

Die Kündigung war tatsächlich nicht wegen des Sonderkündigungsschutzes unwirksam. Der Arbeitnehmer konnte sich auf diesen Sonderkündigungsschutz nicht berufen, da er nur acht Personen ständig mit der automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten beschäftigte. Ein Absinken der Beschäftigtenzahl unter den Schwellenwert während der Tätigkeit als Beauftragter für den Datenschutz führt dazu, dass dessen Sonderkündigungsschutz entfällt, ohne dass es eines Widerrufs der Bestellung durch den Arbeitgeber bedarf. Aber: Endet durch ein Unterschreiten des Schwellenwerts die Funktion als verpflichtender Beauftragter für den Datenschutz, beginnt der nachwirkende Sonderkündigungsschutz.

Ergebnis:

Ob ein nachwirkender Kündigungsschutz bestand, muss nun die Vorinstanz noch prüfen. Ist das der Fall, wird die Kündigung unwirksam sein und der Arbeitnehmer gewinnen.

Urlaub nach Ablauf der Kündigungsfrist
LAG Mecklenburg-Vorpommern, Entscheidung vom 12.09.2019 − Az.: 5 SaGa 6/19

Fall:

Eine Mitarbeiterin war als Callcenter-Agentin beschäftigt. Sie beantragte Urlaub für die Zeit vom 27.07.2019 bis zum 9.8.2019. Die Arbeitgeberin gewährte lediglich den Urlaub für die erste Woche bis zum 2.8.2019, die folgende Woche jedoch nicht. Die Arbeitgeberin kündigte zudem das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31.7.2019. Hiergegen erhob die Arbeitnehmerin eine Kündigungsschutzklage. Sie wollte dann zusätzlich mit einer einstweiligen Verfügung erreichen, dass die Arbeitgeberin verurteilt wird, ihr auch für den Zeitraum vom 05.08.2019 bis 09.08.2019 Urlaub zu gewähren. Letztendlich verglichen sich die Parteien vor dem Arbeitsgericht und es ging noch um die Kosten des Rechtsstreites, insbesondere in der Berufungsinstanz.

Arbeitsrechtarchiv Personalwissen

Gericht:

Die Kosten des Verfahrens hatte die Arbeitnehmerin zu tragen. Voraussichtlich wäre nämlich die Arbeitgeberin als Siegerin aus dem Rechtsstreit hervorgegangen. Einstweilige Verfügungen sind zulässig, wenn zu befürchten ist, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts einer Partei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Dazu hätte der Arbeitnehmerin jedoch überhaupt ein Anspruch auf Gewährung von Urlaub im August 2019 zustehen müssen. Das war jedoch nicht der Fall gewesen, da der Anspruch auf Gewährung von Urlaub ein bestehendes Arbeitsverhältnis voraussetzt. Durch die Kündigung war jedoch das Arbeitsverhältnis zu Ende Juli beendet worden und ob die Kündigungsschutzklage erfolgreich ist, stand noch nicht fest.

Ergebnis:

Die Arbeitnehmerin hätte ohne Abschluss des Vergleichs den Rechtsstreit verloren und hat deshalb die Gerichtskosten zu übernehmen.

Verhaltensbedingte Kündigung - Kritik an Personalabteilung rechtfertigt keine Kündigung
LAG Düsseldorf, Entscheidung vom 04.02.2020 − Az.: 8 Sa 483/19

Fall:

Ein Arbeitnehmer war bei seinem Arbeitgeber als Straßenbahnfahrer beschäftigt. Seit Juni 2017 war er auf Grund eines Arbeitsunfalls arbeitsunfähig erkrankt und konnte seine Tätigkeit nicht mehr ausüben. Im Dezember 2018 verlangte er von seinem Arbeitgeber die Bezahlung von 13,5 Mehrarbeitsstunden aus dem Jahr 2017. Anfang März 2019 wurde ihm diese zugesagt. Nachdem sie aber nicht erfolgte, rief der Arbeitnehmer eine Mitarbeiterin der Personalabteilung an und forderte die Auszahlung noch am selben Tag. Die Mitarbeiterin erwiderte daraufhin, dass sie dies noch mit einem weiteren Mitarbeiter abklären müsse. Am Abend desselben Tages reichte der Arbeitnehmer Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Mitarbeiterin der Personalabteilung und den stellvertretenden Leiter der Personalabteilung ein. Darin stellte er den Sachverhalt der nicht bezahlten Mehrarbeit aus seiner Sicht dar und formulierte abschließend, dass die Mitarbeiter verpflichtet seien, ihm seine Bezüge auszuzahlen, diese aber veruntreuen würden und sich somit strafbar machten. Im April 2019 zahlte der Arbeitgeber die 13,5 Überstunden aus. Anschließend kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 15.04.2019 fristlos und mit Schreiben vom 21.05.2019 ordentlich zum 30.09.2019.

Arbeitsrechtarchiv Personalwissen

Gericht:

Die Parteien schlossen einen Vergleich über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen eine hohe Abfindung ab. Die Richter wiesen zuvor darauf hin, dass die Kündigung unwirksam sei. Für den Arbeitnehmer habe ein berechtigter Anlass bestanden, sich über seinen Vorgesetzten zu beschweren, nachdem der ihm unstreitig zustehende Betrag für die Mehrarbeit von 200 € über längere Zeit nicht ausgezahlt worden war. Dafür durfte er grundsätzlich auch das Mittel der internen Dienstaufsichtsbeschwer-de an den Vorstand wählen und war nicht gehalten, den gerichtlichen Klageweg zu beschreiten. Zwar dürfe der Arbeitnehmer Vorgesetzte nicht wider besseres Wissen einer Straftat bezichtigen. Hier würde jedoch ersichtlich, dass es dem Arbeitnehmer nur darum ging, seiner Unzufriedenheit über die verzögerte Zahlung Ausdruck zu verleihen.

Waschpulver im Geldkoffer
LAG Hamm, Entscheidung vom 24.10.2019 − Az.: 17 Sa 1038/18

Fall:

Es ging um die Mitarbeiterin einer Sparkasse. Beim Öffnen eines von der Bundesbank angelieferten Geldkoffers, der einen Geldbetrag von 115.000 € in 50-Euro-Scheinen enthalten sollte, fand sie nach eigener Darstellung lediglich eine Packung Babynahrung und Waschpulver vor. Den Koffer hatte sie alleine geöffnet. Dafür erhielt sie eine Kündigung. Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht erachteten die Kündigung zunächst als unwirksam. Die erfolgreiche Revision der Sparkassen zum Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 25.04.2018, Az.: 2 AZR 611/17) führte zu einer Zurückweisung an das Landesarbeitsgericht.

Arbeitsrechtarchiv Personalwissen

Gericht:

Nach erneuter Beurteilung wies das Landesarbeitsgericht die Kündigungsschutzklage erneut ab. Die Kündigung war wirksam.

Es lag ein die fristlose Kündigung rechtfertigender wichtiger Grund i.S.v. § 34 Abs. 2 Satz 1 TVöD-S, § 626 Abs. 1 BGB vor. Inzwischen ist der dringende Verdacht eines Vermögensdelikts durch die Sparkassenangestellte wegen zahlreicher Indizien begründet. In die eigenständige, nochmalige Bewertung der Umstände sind die Feststellungen des Amtsgerichts Herne aus dem parallel laufenden Strafverfahren eingeflossen. Dieses hatte die Angestellte wegen Unterschlagung zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 9 Monaten verurteilt und die Einziehung des Geldbetrages angeordnet. Das Strafurteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig.

Ergebnis:

Die Arbeitnehmerin hat den Rechtsstreit verloren. 

Arbeitsrecht Archiv
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