Arbeitsrecht Archiv

Online-Datenbank „Arbeitsrecht Archiv“

Thema: Arbeitsentgelt

Annahmeverzugslohn - Kein Annahmeverzugslohn nach Betriebsübergang
LAG Sachsen-Anhalt, Entscheidung vom 19.10.2019 − Az.: 3 Sa 124/19

Fall:

Ein Unternehmen geriet in Schieflage und das Insolvenzverfahren wurde eröffnet. Im Zuge dessen wurde das Unternehmen veräußert und den Arbeitnehmern mitgeteilt, dass ihre Arbeitsverhältnisse auf den Erwerber übergingen, wenn sie nicht dem Übergang widersprechen. Ein kaufmännischer Angestellter widersprach dem Übergang erst 3 Wochen nach der Veräußerung und verlangte nun auch für diese 3 Wo-chen Lohnnachzahlung. Sein (alter) Arbeitgeber verwies aber darauf, dass er für diese Zeit davon ausgegangen sei, es bestehe gar kein Arbeitsverhältnis. Er habe ja schließlich auch keine Arbeitsleistung abgefordert. Daher zahlte er auch nicht. Der Arbeitnehmer klagte den Annahmeverzugslohn ein.

Arbeitsrechtarchiv Personalwissen

Gericht:

Das Sächsische Landesarbeitsgericht (LAG) gab aber dem Arbeitgeber Recht. Der Annahmeverzugslohn setze voraus, dass in der betreffenden Zeit ein Arbeitsverhältnis bestanden habe. Durch den Widerspruch werde das Arbeitsverhältnis mit dem früheren Arbeitgeber zwar rückwirkend fortgeführt. Tatsächlich könne der Arbeitnehmer die Zeit aber nicht nacharbeiten, sodass er dafür auch nicht bezahlt werden müsse.

Die Reduzierung der Löhne
LAG Mecklenburg-Vorpommern, Entscheidung vom 29.10.2019 − Az.: 5 Sa 72/19

Fall:

Ein Arbeitnehmer war seit fast 30 Jahren als Kfz-Elektriker bei seinem Arbeitgeber tätig. Er erhielt bei einer Arbeitszeit von 37,5 Wochenstunden einen Stundenlohn von 14 Euro brutto. Darüber hinaus zahlte der Arbeitgeber Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld.  Dann teilte der Arbeitgeber mit, dass angesichts des besorgniserregenden Krankenstandes die Gratifikationen ab dem Jahr 2017 nur noch ausgezahlt würden, wenn nicht mehr als 30 krankheitsbedingte Fehltage im Jahr vorliegen würden. Der Arbeitnehmer erhielt zudem eine Änderungskündigung, da angeblich seine Leistungen hinter dem Durchschnitt vergleichbarer Arbeitnehmer zurückgeblieben waren: Sein Stundenlohn wurde auf 13 Euro reduziert. Der Arbeitnehmer war im Jahr 2018 an 37 Arbeitstagen arbeitsunfähig erkrankt. Er klagte deshalb sein Urlaubsgeld ein und er klagte gegen die Änderungskündigung zur Lohnreduzierung.

Arbeitsrechtarchiv Personalwissen

Gericht:

Der Arbeitnehmer gewann den Rechtsstreit. Die Einbehaltung der Gratifikation wegen einer bestimmten Anzahl von Arbeitsunfähigkeitstagen ergab sich weder aus dem Arbeitsvertrag noch aus anderen Regelungen. Eine Änderungsvereinbarung gab es auch nicht und die einseitige Mitteilung des Arbeitgebers bezüglich der Sonderzahlung hatte keine Auswirkung. Auch die Lohnsenkung war unwirksam. Da der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis gar nicht beenden wollte, lag auch schon keine Änderungskündigung vor. Die Kündigung hatte sich allein auf die Lohnhöhe bezogen und damit handelte es sich um eine Teilkündigung. Teilkündigungen sind jedoch generell unwirksam, um damit einen einseitigen Eingriff in das ausgehandelte Vertragsgefüge zu vermeiden.

Ergebnis:

Der Arbeitnehmer hat den Rechtsstreit gewonnen.

Entgelttransparenzgesetz - Unterdurchschnittliche Bezahlung ist kein Indiz für eine Diskriminierung
LAG Niedersachsen, Entscheidung vom 01.08.2019 − Az.: 5 Sa 196/19

Fall:

Eine Arbeitnehmerin war bei ihrem Arbeitgeber als Abteilungsleiterin tätig. Bei einer Gehaltserhöhungsrunde wurde sie ausgeschlossen. Das begründete der Arbeitgeber mit den Mängeln im Führungsverhalten. Das missfiel der Arbeitnehmerin. Sie fühlte sich ungerecht behandelt. Vor allem fühlte sie sich nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) wegen ihres Geschlechts diskriminiert.

Arbeitnehmerin beantragt Auskunft zu den Gehältern

Deshalb beantragte sie die Erteilung einer Auskunft zu den Gehältern von Arbeitnehmern, deren Auf‐gaben mit ihren vergleichbar sind (§§ 10, 11 EntgTransG. Daraus ergab sich eine Differenz zwischen ihrer Vergütung und dem ermittelten statistischen Median von rund 1.000 €.

Arbeitnehmerin klagt Vergütungsdifferenz ein

Die Arbeitnehmerin zögerte nicht lange. Sie verklagte ihren Arbeitgeber auf Zahlung der Vergütungsdif‐ferenz. Außerdem wollte sie festgestellt wissen, dass ihr zukünftig ein höheres Bruttogehalt zustehe. Dem hielt der Arbeitgeber allerdings entgegen, dass sich die Vergütung der Abteilungsleiterinnen und Abteilungsleiter ausschließlich nach geschlechtsneutralen Kriterien richte.

Arbeitsrechtarchiv Personalwissen

Gericht:

Statistischer Median indiziert keine Diskriminierung

Das Gericht wies die Klage der Arbeitnehmerin zurück. Das begründete es wie folgt: Die Tatsache, dass ein Arbeitnehmer weniger als der Durchschnitt verdiene, stelle nicht notwendigerweise eine Diskriminierung des Geschlechts dar. Der Arbeitnehmer müsse deshalb weitere Indizien für eine diskriminierende Bezahlung aufzeigen. Das sei der Arbeitnehmerin hier jedoch nicht gelungen, auch wenn sie monatlich rund 1.000 € weniger ver‐diene als vergleichbare Kollegen. Das Gericht sah in der Ungleichbehandlung hier deshalb keine Ent‐geltbenachteiligung des Geschlechts.

Entgeltumwandlung bei Gehaltsextras führt nicht länger zu Lohnsteuerpflicht
Bundesfinanzhof (BFH), Entscheidung vom 01.08.2019 − Az. VI R 32/18

Fall:

Ein Begriff wirkt für Arbeitgeber, die ihren Mitarbeitern Entgeltextras zukommen lassen wollen, wie ein Stoppschild: „Entgeltumwandlung“. Diese liegt immer dann vor, wenn ein Mitarbeiter auf einen Teil seines regulären Entgelts verzichtet, um dafür beispielsweise einen Sachbezug wie ein Jobticket zu erhalten. Weit verbreitete Meinung war bisher, Entgeltumwandlung führe dazu, dass Steuervergünstigungen für Extras wie Jobtickets, Kindergartenzuschüsse oder Erholungsbeihilfen nicht gelten. Dies wollten aber mehrere Unternehmen nicht hinnehmen und zogen dagegen vor Gericht – bis in die höchste Instanz. Der BFH hat die entsprechenden Fälle nun beurteilt.

Mitarbeiter bekamen Zuschüsse für Fahrten und das Internet

In einem Streitfall hatte ein Arbeitgeber mit seinen Mitarbeitern Vereinbarungen getroffen, nach denen der bisherige Bruttolohn herabgesetzt wurde. Zusätzlich vereinbarte das Unternehmen mit seinen Arbeitnehmern die Zahlung eines Zuschusses für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sowie mit einigen Arbeitnehmern einen pauschalen Zuschuss für die Internetnutzung. In den jeweiligen ergänzenden Vereinbarungen hieß es hierzu, diese zusätzlichen Leistungen fielen nicht unter den Freiwilligkeitsvorbehalt. Der Arbeitgeber versteuerte die Zuschüsse zur Internetnutzung mit einem Nettosteuersatz von 25 %, die Zuschüsse zu den Fahrtkosten mit einem Nettosteuersatz von 15 %. Da Lohnsteuerpau‐schalierung zur Beitragsfreiheit führt, behandelte der Arbeitgeber die Leistungen außerdem komplett beitragsfrei.

Arbeitsrechtarchiv Personalwissen

Gericht:

Keine zusätzliche Zahlung, keine Pauschalierung? Doch! Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Lohnsteuerpauschalierung zu Unrecht erfolgt sei. Eine Pauschalierung komme nur dann in Betracht, wenn die Zuschüsse zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden. Im Streitfall lägen hingegen schädliche Gehaltsumwandlungen vor. Der BFH sah das aber anders. 

Die Begründung:

  • Ein arbeitsvertraglich vereinbarter Lohnformenwechsel ist nicht „begünstigungsschädlich“. 
  • Setzen Arbeitgeber und Arbeitnehmer den ohnehin geschuldeten Arbeitslohn also für künftige Lohnzahlungszeiträume arbeitsrechtlich wirksam herab, darf der Arbeitgeber diese Minderung durch verwendungsgebundene Zusatzleistungen steuerbegünstigt ausgleichen. 
  • Die steuerbegünstigten Lohnbestandteile kommen dann zum Zahlungszeitpunkt zum ohnehin – nur noch in geminderter Höhe – geschuldeten Lohn hinzu und werden somit zusätzlich zu diesem erbracht.
  • Darauf, ob die Zahlung unter Freiwilligkeitsvorbehalt geschieht oder nicht, kommt es nicht an.


Nachtarbeitszuschlag - Zeitungszusteller: Zuschlag für Nachtarbeit von 30% ist angemessen
LAG Hamm, Entscheidung vom 27.11.2019 − Az.: 6 Sa 911/19

Fall:

Ein Zusteller von Tageszeitungen übte seine Tätigkeit immer nachts zwischen 0:00 Uhr und 6:00 Uhr aus. In dieser Zeit war er an je 6 Werktagen pro Woche für je über 2 Stunden mit der Zustellung beschäftigt. Dafür zahlte ihm sein Arbeitgeber einen Nachtarbeitszuschlag in Höhe von 10 % des Bruttolohns. Dem Zusteller genügte das aber nicht. Er meinte, weil er dauerhaft zur Nachtzeit arbeitet, müsse der Zuschlag bei ihm 30 % betragen. Sein Arbeitgeber winkte ab. Die Tätigkeit sei als solche schließlich nicht so anspruchsvoll wie etwa das dauerhafte Beobachten von Monitoren als Fluglotse oder Maschinenführer, bei der ein Zuschlag in solcher Höhe vielleicht angemessen wäre. Der Zusteller klagte.

Arbeitsrechtarchiv Personalwissen

Gericht:

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm gab dem Zusteller Recht und verurteilte den Arbeitgeber zur Nachzahlung der Differenz zur Zuschlagshöhe von 30 %. Der Zusteller, der seine Tätigkeit ausschließlich nachts erbringe, leiste Dauernachtarbeit. In diesem Fall sei regelmäßig ein Zuschlag von 30 % angemessen. Darauf, ob die Tätigkeit weniger anspruchsvoll sei als andere, komme es dabei nicht an.

Wurst und Käse: Warum der Belag über die Lohnsteuerpflicht von Brötchen entscheidet
Bundesfinanzhof (BFH), Entscheidung vom 03.07.2019 − Az. VI R 36/17

Fall:

Ein Unternehmen stellte seiner Belegschaft jeden Tag diverse Brötchensorten sowie Heißgetränke zum Verzehr zur Verfügung. Aufschnitt oder sonstige Beläge gab es nicht. Die Beschäftigten aßen die Backwaren meistens während der Frühstückspause. Ein Lohnsteueraußenprüfer bewertete die Leistung als vollwertige Mahlzeit und setzte pro Arbeitstag einen lohnsteuer- und beitragspflichtigen geldwerten Vorteil an. Das Unternehmen klagte gegen diese Einschätzung und hatte Erfolg.

Arbeitsrechtarchiv Personalwissen

Gericht:

Trockenes Gebäck ist kein Problem

Der BFH ist der Auffassung, dass trockene Brotwaren plus Heißgetränke kein Frühstück nach der Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) sind. Zwar liegt lohnsteuer- und beitragspflichtiges Arbeitsentgelt vor, wenn Mitarbeiter von ihrem Arbeitgeber eine Mahlzeit, wie ein Frühstück, Mittagessen oder Abendessen, unentgeltlich oder verbilligt erhalten, nicht als Arbeitsentgelt hingegen gelten Aufmerksamkeiten, die nur der Ausgestaltung des Arbeitsplatzes und der Schaffung günstiger betrieblicher Arbeitsbedingungen dienen. Darunter fallen nach Ansicht des BFH Brötchen ohne Belag plus Heißgetränk: Unbelegte Brötchen sind auch in Kombination mit einem Heißgetränk kein Frühstück im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 der SvEV. Selbst für ein einfaches Frühstücks muss jedenfalls noch ein Aufstrich oder ein Belag hinzukommen.

Zielvereinbarung: Keine Gleichbehandlung - Zusatzvergütung von Vorgesetztem gestrichen
LAG Mecklenburg-Vorpommern, Entscheidung vom 28.02.2020 − Az.: 2 Sa 136/19

Fall:

Arbeitnehmer A. war als Energiemaschinist in einer Biogasanlage beschäftigt. Ihm war der Mitarbeiter W. unterstellt. In den Arbeitsverträgen beider Mitarbeiter war eine variable Zusatzvergütung (in unterschiedlicher Höhe) vereinbart. Diese Zusatzvergütung war an konkrete Bedingungen geknüpft. Sie sollte laut Arbeitsvertrag ausgezahlt werden, wenn eine bestimmte Menge an Biogas aufbereitet wurde, der operative Betrieb weiter durch 2 Arbeitskräfte erfolgte und eine bestimmte Jahresdurchschnittsleistung in kw/h erbracht wurde. Arbeitnehmer A. wurde die Zusatzvergütung gestrichen, während Mitarbeiter W. diese weiterhin erhielt. Der Arbeitnehmer klagte die Zusatzvergütung ein und berief sich dabei auf das Recht auf Gleichbehandlung.

Arbeitsrechtarchiv Personalwissen

Gericht:

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Mecklenburg-Vorpommern wies die Klage ab. Der Zahlungsanspruch lasse sich nicht auf den Gesichtspunkt der Gleichbehandlung stützen, weil der Mitarbeiter W. eine niedrigere Position innegehabt habe.

Arbeitsrecht Archiv
Arbeitsrecht Archiv
Arbeitsrecht Archiv
Arbeitsrecht Archiv
Arbeitsrecht Archiv
Arbeitsrecht Archiv
Arbeitsrecht Archiv
Arbeitsrecht Archiv
Arbeitsrecht Archiv