

Fall:
Ein Azubi begann am 01.08.2018 bei einem Arbeitgeber im öffentlichen Dienst ein Ausbildungsverhältnis zur Fachkraft für Lagerlogistik. Im Rahmen seiner Tätigkeit hatte er die Möglichkeit, auf verschiedene hochwertige Vermögensgüter des Arbeitgebers zuzugreifen. Während seines Einstellungsverfahrens bei dem Arbeitgeber füllte der Azubi ein „Personalblatt“ aus, in welchem er bei den Angaben zu „Gerichtlichen Verurteilungen / schwebende Verfahren“ die Antwortmöglichkeit „Nein“ ausgewählt hatte. Tatsächlich lief gegen den Azubi zu diesem Zeitpunkt bereits ein Strafverfahren wegen Raubes, in dem die Hauptverhandlung eröffnet werden sollte. Dies war dem Azubi auch bekannt. Im Juli 2019 wandte sich der Azubi an seinen Vorgesetzten und teilte ihm mit, dass er eine Haftstrafe antreten müsse und er eine Erklärung des Arbeitgebers benötige, dass er seine Ausbildung während seines Freigangs fortführen könne. Der Arbeitgeber focht daraufhin den Abschluss des Ausbildungsvertrages wegen arglistiger Täuschung an. Der Azubi zog vor das Arbeitsgericht.
Gericht:
Das Arbeitsgericht (ArbG) Bonn gab dem Azubi Recht. Die Anfechtung sei unwirksam. Die im Personalblatt gestellte unspezifizierte Frage nach Ermittlungsverfahren jedweder Art sei bei einer Bewerbung um eine Ausbildungsstelle als Fachkraft für Lagerlogistik zu weitgehend und damit unzulässig. Es vermöge nicht jede denkbare Straftat Zweifel an der Eignung des Azubis für die Ausbildung zur Fachkraft für Lagerlogistik zu begründen. Dies gälte auch dann, wenn die Ausbildung durch einen öffentlichen Arbeitgeber erfolgen soll (ArbG Bonn, Urteil vom 20.05.2020, Az.: 5 Ca 83/20).
Ergebnis:
Als Arbeitgeber dürfen Sie relevante Vorstrafen erfragen
Grundsätzlich dürfen Sie als Arbeitgeber im Einstellungsverfahren bei Ihren Bewerbern Informationen zu Vorstrafen einholen, wenn und soweit diese für die Art des zu besetzen-den Arbeitsplatzes relevant sein können. Geht es um die Bewerbung für ein öffentliches Amt, dürfen Sie sich nach anhängigen Straf- und Ermittlungsverfahren erkundigen, wenn ein solches Verfahren Zweifel an der persönlichen Eignung des Bewerbers für die in Aus-sicht genommene Tätigkeit begründen könne. Ihr Mitarbeiter ist dazu verpflichtet, Ihnen folgende Umstände auch ohne Nachfrage zu offenbaren: —
Im dargestellten Fall befand das Gericht die Frage für zu weitgehend, weil diese sich nicht nur auf für die Stelle relevante Straftaten bezogen hat.
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